So süß Rattenbabys auch sind, möchten wir jeden, der dies hier liest, bitten nicht gezielt Ratten zu vermehren:

  • es gibt viele genetische Risiken wie Erbkrankheiten, die das Leben von Mutter und Babys gefährden und die niemals komplett ausgeschlossen werden können (und schon gar nicht von Leuten ohne umfassende Genetikkenntnisse); sogar die Paarung von bestimmten Farben und Zeichnungen kann zu vorprogrammierten Problemen führen, die für die Babys am Ende tödlich sind
  • ein Wurf Babys ist für die Rattenmama immer mit Geburtsschmerzen und großer körperlicher Anstrengung und Stress bei der Aufzucht verbunden: Wer einmal erlebt hat, wie sichtlich erschöpft eine Mama daliegt, wenn sie zwischen dem Säugen Pause von ihren Babys haben kann, wird sehen, dass der Begriff „Mutterfreuden“ hier nicht gilt
  • es gibt zudem schon mehr als genug Ratten jeden Alters, Charakters und Aussehens, die in Tierheimen, auf Pflegestellen und bei Privatleuten ein zu Hause suchen, so dass man dieser Überzahl nicht noch weitere Ratten hinzufügen sollte

Immer wieder sind bei Notfällen auch bereits trächtige Weibchen dabei, die oft händeringend einen Platz suchen, wo die Babys in Ruhe aufwachsen und dann dauerhaft bleiben oder später vermittelt werden können. Darum möchten wir jedem, der einmal erleben möchte wie Rattenbabys aufwachsen, nahelegen, eine trächtige Notfallmama zu übernehmen.

 

Daneben passiert es leider immer wieder, dass Leute unwissend trächtige Weibchen in Zooläden kaufen oder anderweitig Ratten übernehmen, ohne darüber nachgedacht zu haben oder aufgeklärt worden zu sein, dass das Weibchen trächtig ist oder sein könnte.

 

Was ist zu beachten?

 

Solange man keine Gewissheit hat ... ist es vielleicht noch nicht zu spät ...

Wenn das Weibchen noch nicht eindeutig trächtig aussieht und einen dicken Bauch hat, empfiehlt sich der Gang zum Tierarzt. Er kann durch abtasten und Ultraschall versuchen herauszufinden, ob schon Babys festzustellen sind.
Solange noch keine Babys tastbar sind oder im Ultraschall noch keine Wirbelsäulen zu sehen sind, kann die Trächtigkeit mit dem Medikament Alizin noch abgebrochen werden: Es muss also zwingend "auf Verdacht" gegeben werden; sobald man Gewissheit über die Trächtigkeit hat, ist es zu spät für die Anwendung von Alizin.
Das Medikament wird 2x im Abstand von 24 Stunden in einer Dosierung von 10mg/kg vom Tierarzt gespritzt.
1. Dem Weibchen bleiben die Strapazen von Geburt und Jungenaufzucht erspart. 2. Eine spätere Vermittlung von Babys in artgerechte Haltung ist nicht leicht, weil immer mehr als genug Ratten bereits in Tierheimen, Rattenhilfe und Pflegestellen ein Zuhause suchen. Daneben gibt es leider viele Leute, die unnötigerweise bewusst Ratten vermehren. Und 3. sind 2 Alizinspritzen pro Weibchen immer kostengünstiger als einen hungrigen Haufen Babys großzuziehen.

 

Im Rudel oder lieber allein?

Sofern man das trächtige Weibchen mit anderen Weibchen oder Kastraten zusammen bekommen hat und diese schon länger zusammen waren und ein festes Rudel sind, kann die Mama mit ihren Kollegen zusammen bleiben.
Andere Rudelmitglieder entlasten das Weibchenbei der Jungenaufzucht. Außerdem hat sie mit ihnen angemessene Sozialkontakte (gegenseitiges putzen, kuscheln etc.), wie sie es mit ihren Babys noch nicht haben kann.
Sollte das Weibchen aber unwillig und aggressiv auf die anderen Ratten reagieren, dann sollten diese besser aus dem Käfig genommen werden, um ihr Stress zu ersparen; manche Mamas reagieren sehr besitzergreifend auf ihre Babys und wollen da keinen anderen dabei haben.
Auf keinen Fall Mama und Babys in einen anderen Käfig umsetzen: Der Umzug würde für sie unnötigen Stress bedeuten!
Hat man versehentlich verschiedene Geschlechter bekommen, sollte der Bock sofort vom Weibchen getrennt werden: Rattenweibchen sind direkt nach der Geburt wieder empfängnisbereit und wenn man erst nach der Geburt trennt, kann das Weibchen schon wieder nachgedeckt und mit einem weiteren Wurf trächtig sein.

 

Ernährung

Ein gutes, hochwertiges Rattenfutter sollte immer Grundlage der Rattenhaltung sein und 24 Stunden zur Verfügung stehen; daneben täglich Frischfutter. Für trächtige/säugende Weibchen ist das umso wichtiger. Zusätzlich sollte das Weibchen nach der Geburt mehr Eiweiß erhalten: es eignen sich z. B. Ei, Naturjoghurt, Magerquark, Hüttenkäse ...

Ab einem Alter von 2-3 Wochen fressen die Babys langsam auch normales Futter, obwohl sie weiterhin bei der Mama trinken. Man sollte weiterhin ganz normal füttern, was die Mama bekommt: Rattentrockenfutter, Gemüse/Obst, auch die oben genannten eiweißreichen Dinge. Abwechslungsreiches Frischfutter ist wichtig: für eine vielfältige Nährstoffversorgung im Wachstum und auch damit die Babys verschiedenes kennenlernen und später nicht alles außer 1-2 Sorten Gemüse erst einmal skeptisch anschauen. Was Babys gerne mögen ist Kolbenhirse, sie enthält auch viel Calcium, was fürs Knochenwachstum gut ist. Die Futtermenge muss man mit den Tagen sicher anpassen, denn Babys fressen einem "die Haare vom Kopf".

 

Vor der Geburt

Wenn man bereits vor der Geburt vermutet oder - nach Ultraschall beim Tierarzt - sicher weiß, dass eine Trächtigkeit besteht, dann sollte man auf jeden Fall die Nummer des (Not)Tierarztes ständig parat haben, um im Falle, dass Komplikationen auftreten, schnell handeln zu können.
Außerdem kann man normale Häuschen gegen Häuschen mit abnehmbarem Dach austauschen, damit man später besser die Babys im Nest kontrollieren kann.
Es empfiehlt sich alles nötige für eine Handaufzucht im Haus zu haben, falls das Weibchen die Babys nicht annimmt oder bei der Geburt verstirbt.
Wenn möglich sollte das Weibchen in einem Käfig mit max. 1 cm Gitterabstand untergebracht werden, weil durch größere Abstände später die Babys ausbrechen könnten.

 

Geburt

Die Geburt findet überwiegend nachts statt und geht bei Ratten sehr schnell. Im Allgemeinen kann man mit einer Dauer von ca. 20 Minuten rechnen; wenn nach 1 Stunde die Geburt noch nicht abgeschlossen ist, sollte man den Tierarzt kontaktieren.
Vor allem aber sollte man das Weibchen nicht stören!
Wer so etwas noch nie erlebt hat ist verständlicherweise ängstlich, nervös und man will wissen, wie viele Babys es sind, aber RUHE ist das oberste Gebot: Nicht ständig nachschauen und damit das Weibchen unter Stress setzen, und nicht ans Nest gehen. Hat das Weibchen zu viel Unruhe und Stress kann es vorkommen, dass sie die Babys verstößt oder sogar frisst.
Das Geburtsdatum sollte man sich auf jeden Fall notieren, weil es wichtig für die spätere Geschlechtertrennung ist, dieses Datum genau zu wissen. Wenn das Geburtsdatum nicht genau bekannt ist, weil man die Babys erst sieht, wenn sie schon da sind, sollte das Datum des Augen öffnens genau notiert werden: Mit ca. 14 Tagen öffnen die Babys die Augen, so dass man den Tag, an dem die meisten ihre Augen aufmachen, als Tag 14 festlegen kann und dann von dort aus weiter rechnen.

 

Trennung von Mama und Böcken

Sofern die Mama mit Böcken zusammensitzt, sollten diese sofort aus dem Käfig entfernt werden! (Nicht die Mama umsiedeln, das wäre zu viel Stress!)
Im Optimalfall geschieht das noch vor der Geburt der Jungen, denn Rattenweibchen sind schon kurz nach der Geburt wieder neu aufnahmebereit. Wenn man daher Böcke und Weibchen nicht vor der Geburt schon getrennt hat, muss man damit rechnen, dass das Weibchen schon wieder neu nachgedeckt ist und ein 2. Wurf folgen wird.
Ändern kann man daran nichts, aber für den ersten Wurf bedeutet es, dass man diese Babys voraussichtlich schon wenn der 2. Wurf da ist von der Mama trennen muss (sie sollten dann ca. 3 Wochen alt sein und fressen schon selbst), weil sonst die Babys des 2. Wurfes zu wenig Milch abbekommen. Sie haben gegen die älteren Geschwister körperlich noch keine Chance und würden von den Zitzen verdrängt.

 

Käfigreinigung

Nach der Geburt sollte man den Käfig frühestens nach 4 Tagen reinigen. Dabei immer beachten, wie die Mama ist: Total entspannt oder eh schon sehr gestresst oder ängstlich. Daran sollte man festmachen, wann man wie viel im Käfig macht.

 

Die ersten Tage

1 Tag nach der Geburt kann man vorsichtig einen kurzen Blick ins Nest wagen, aber nur um zu schauen, ob alle Babys fit und gesund aussehen, und einen Milchbauch (man sieht die Milch im Magen durch die dünne, noch unbehaarte Haut schimmern) haben.
Ansonsten sollte Mama und Babys absolute Ruhe gegönnt werden!

 

Ab dem 5. Tag

Damit die kleinen Ratten zahm und an Menschen gewöhnt werden, sollte man die Babys ab dem 5. Tag täglich in die Hand nehmen. Anfangs nur ganz kurz: nach wenigen Minuten sollten die Kleinen zurück ins Nest, weil sie noch kein Fell haben und sonst auskühlen. Mit zunehmender Entwicklung kann man diese Zeiten etwas verlängern.
Ganz vorsichtig sollte man das Nistmaterial zur Seite schieben und kann dann die Babys herausnehmen; gut eignet sich z. B. eine mit Küchenpapier ausgelegte Salatschüssel, in die man sie legt. Jetzt kann man ihre Anzahl zählen und jedes Baby kurz in die Hand setzen und berühren.
Manche Mamas verteidigen ihre Jungen sehr stark und man kann sie so lange mit etwas Leckerem in eine Transportbox setzen. Abschrecken lassen sollte man sich von besitzergreifenden Rattenmamas nicht: Nur an den Menschen gewöhnte, zahme Ratten lassen sich später auch gut vermitteln bzw. machen, wenn man Babys selbst behält, sicher mehr Freude als scheue Tiere.

 

Geschlechtsbestimmung

Grundsätzlich kann das Geschlecht von Rattenbabys von Anfang, ab dem 1. Tag, an bestimmt werden. Es kommt nur auf die Erfahrung und Übung der Person an, die zu bestimmen versucht.
Recht einfach geht Geschlechtsbestimmung im Alter von ca. 7-10 Tagen, wenn zusätzlich zum Abstand Harnröhrenöffnung - After bei den Weibchen die Zitzen als Punkte auf dem noch unbehaarten Bauch zu sehen sind. Mit ca. 2 Wochen ist die Bestimmung etwas schwieriger, weil das Fell mittlerweile die Zitzen verdeckt, aber die Böcke noch keine sichtbaren Hoden haben. Erst ab Alter von ca. 3 Wochen, wenn sich die Hoden der kleinen Böcke sichtbar entwickeln, wird das Bestimmen dann wieder leichter.
Wenn man unsicher ist, sollte man sich an jemanden wenden, der bereits Erfahrung in der Geschlechtsbestimmung von Rattenbabys hat (wenn in der Nähe verfügbar, sind Rattenhilfen sehr gute Ansprechpartner). Etliche Tierärzte machen Fehler, weil sie zwar irgendwann vielleicht tatsächlich gelernt haben, wie man die Geschlechter in diesem jungen Alter unterscheidet, aber ihnen einfach die Übung fehlt und dann ist schnell ein Baby falsch zugeordnet - mit fatalen Folgen!

 

32. Tag: Geschlechter trennen

Im Alter von 32 Tagen müssen die Böcke von Mama und Schwestern getrennt werden, weil sie ab 5 Wochen geschlechtsreif sind.
Dazu ist ein separater Käfig mit einem Gitterabstand von max. 1 cm nötig - bitte niemals die kleinen Böckchen durch Bretter oder ähnliches, innerhalb des Käfigs von Mama und Schwestern abtrennen. Sie werden sich in kürzester Zeit wieder zueinander durchnagen. Außerdem die Babyböcke niemals zu älteren Böcken (über einem Alter von 10 Wochen) setzen, da Ratten keinen Welpenschutz haben und das für die Kleinen schnell tödlich enden kann.

 

Vermittlung

Bei der Vermittlung von Babys sollten, wie auch allgemein bei der Rattenvermittlung, einige Dinge zum Wohle der Tiere beachtet werden:

  • Böckchen werden zwar im Alter von 4,5 Wochen von Mama und Schwestern getrennt, sollten aber noch bis mind. einem Alter von 6 Wochen als Babyböckerudel zusammenbleiben dürfen und erst dann an neue Besitzer aufgeteilt werden
  • Babyweibchen sollten mind. 6 Wochen bei der Mutter bleiben dürfen, weil das positiv für die Entwicklung ihres Sozialverhaltens ist (das wäre für die kleinen Böcke auch schön, aber da hat man, wegen der frühen Geschlechtsreife, keine Wahl als früher zu trennen)
  • immer mind. 2 Babys zusammen vermitteln/ behalten: Babys brauchen unbedingt gleichaltrige Spielgefährten und selbst wenige Wochen ältere Ratten können mit ihrem Spieltrieb nicht mithalten und sind kein ausreichender Ersatz; soll die Mama mit Babys ausziehen oder behalten werden, hieße das: Mama + mind. 2 Babyweibchen
  • immer so vermitteln, dass kein Baby alleine übrig bleibt: bei ungerader Anzahl sollten dann jeweils mind. 2er- und 3er-Gruppen abgegeben werden
  • Babys müssen mind. 10 Wochen alt sein, bevor man sie zu älteren Ratten (über 10 Wochen) integrieren kann, weil sie sich erst dann körperlich notfalls genug wehren können und ihr eigenes Revierverhalten ausreichend entwickelt ist; so lange muss der neue Besitzer, wenn die Babys schon früher übernommen werden, mit dem Beginn der Integration warten
  • weil manche Leute daran denken auch Babyböcke (oder sogar nur 1 einzigen) zu behalten und zu kastrieren, damit sie zu Weibchen können: eine Kastration sollte frühestens im Alter von 6 Monaten erfolgen und danach muss der Bock noch mind. 4 Wochen von Weibchen getrennt gehalten werden, weil er in der zeit noch zeugungsfähig ist; es wäre für einen jungen Bock eine Qual so lange alleine zu leben und auch Paarhaltung über mehrere Monate führt oft zu Defiziten im Sozialverhalten der Ratten

 

Für die Vermittlung der Babys haben hier auf der Seite Vermittlungsmöglichkeiten einige empfehlenswerte Möglichkeiten zusammengetragen. Dort wird besonders darauf geachtet, dass Ratten in ein artgerechtes Zuhause kommen. Wir leisten, sofern Du im Einzugsbereich der Notrattenhilfe Bielefeld & Umgebung wohnst, immer gerne Vermittlungshilfe (Mail an uns).
Wenn man über Kleinanzeigen, Aushänge und andere Möglichkeiten vermittelt, muss man noch genauer schauen und nachfragen, wie die zukünftigen Haltungsbedingungen sind, damit man sicher gehen kann, dass die Ratten in ein artgerechtes Zuhause kommen und nicht in zu kleinen Käfigen landen oder womöglich als Futtertiere enden.

 

Zusätzliche Informationen